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Gerda Sengstbratl

Wann?

Sobald ein Mädchen bekannt gibt, dass sie die erste Periode hat (ab Beginn der ersten Klasse Hauptschule/Gymnasium, fallweise auch schon Ende der Volksschule), können Sie mit ihnen feiern.

Wie entsteht die Idee eines Festes?

kollektiv_2Organisieren Sie eine Mädchenstunde inner- oder außerhalb des Unterrichts.
Bringen Sie in regelmäßig stattfindende Mädchenstunden (auch „Textiles Werken“ oder „Mädchenturnen“ eignen sich, wenn Sie eines dieser Fächer unterrichten) Bilder, Filmausschnitte, Bücher oder Objekte (Tampons, Binden, Slipeinlagen, Video der ‘o.b.’-Werbung, u.ä.) als Impulse mit.

Legen Sie Mitgebrachtes in die Mitte und untersuchen Sie es gemeinsam oder experimentieren Sie damit. Lassen Sie die Mädchen reden und einander Fragen beantworten bzw. beantworten Sie selbst Fragen.

Sie können Vorschläge sammeln, was Sie gemeinsam tun könnten z.B. Rollenspiele zu „Wie werde ich es der Mama, dem Papa, der Oma,... sagen“, „Sie reagieren deppert“, „So möchte ich, dass die Mama, der Papa,... reagiert“, etc.

Die Lehrerin kann den Vorschlag eines „Roten Festes“ einbringen, wenn eine** bekannt gibt, dass sie die erste Periode bekommen hat.

Eine** hat die Periode

mädchen experimentieren mit monatsbinde

Kommt das Mädchen zur Lehrerin, sollten Sie mit dem Mädchen klären, ob sie will, dass die anderen davon erfahren. Wenn ja, wer es den anderen sagen wird: das Mädchen oder die Lehrerin? Will sie ein Fest? Wenn ja, wann? Wen will sie einladen? Auch wenn das Mädchen mit anderen gerade zerstritten ist, scheint es wichtig, zu betonen, dass alle eingeladen werden sollten. Die Teilnahme aller stärkt das Gruppengefühl.

  • Wo und zu welcher Uhrzeit soll das Fest stattfinden?
    Wenn die Buben der Klasse eine Parallelveranstaltung haben, kann man das Fest während der Schulzeit machen.
  • Wer schreibt die Einladungen (siehe Beispiele) und verteilt sie?
  • Wie wird die Zustimmung der Eltern eingeholt,
    z.B. durch einen Abschnitt auf der Einladung „meine Tochter darf am x. „Roten Fest“ teilnehmen, Unterschrift“.

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Beispiel einer Einladung:

Einladung zum Roten Fest

Samstag, 24. Februar 1996, von 15 - 18 Uhr

mitbringen:

etwas Rotes zum Essen und Trinken etwas Rotes zum Hören, Riechen, Ansehen 1 Lied oder Töne 1 Geschichte, die Dir gefällt ( eine Lüge oder etwas Erfundenes) ein Spiel ein Rätsel etwas Rotes zum Verkleiden ein Glücksbringer ( Feder, Stein,...) und alles, was Du denkst, dass wir zum Feiern brauchen.

Meine Tochter darf an diesem Fest teilnehmen.

Unterschrift:

Wo besorgt man das Nötige?

Hofer, Ramschläden, Caritas-Lager, Humana, Sewa (angeblich führt man da einer Sekte Geld zu) oder Schwemmen sind wahre Fundgruben.

Man gehe zwei- oder dreimal pro Jahr und lege sich ein Lager an „kleinen Dingerln“ - für diesen Zweck in ROT - an (bewährt sich auch als kleine Aufmerksamkeit für Geburtstage, Weihnachten, Spiele im Unterricht, Schulbeginn und Schulschluss). Body-Shop-Produkte eignen sich exzellent, leider wegen der Preise allerdings nur für die Hauptperson/en des Festes.

Bewährt haben sich Verkleidungen (Tücher, Stoffe, Hüte, Handschuhe, etc. in Rot), Schminke, Duftöle (Kirsche, Blutorange, Orange), Wunderkerzen, Kerzen, alles Schimmernde und Räucherwerk.

Das Fest

Der Ort:

Wählen Sie einen Ort mit Ambiente, an dem Sie und die Mädchen sich sicher fühlen. Vielleicht haben Mädcheneltern Beziehungen zu GartenbesitzerInnen (im Sommer). Manche Lehrerinnen machen Feste dieser Art auch im Turnsaal der Schule. Bei den Festen der Untersuchungsgruppe, stellte die Lehrerin ihre Privatwohnung und Garten zur Verfügung. Sinnlichkeit war im Zentrum.

Zeitdauer:

hände der mädchenDie Feste begannen am späten Nachmittag, endeten am selben Abend, bzw. am nächsten Mittag/Morgen. Jedes Mädchen brachten rote Speisen, kleine Gaben für jede andere und eine besondere kleine Gabe für die Blutende, Spiele, Fackeln, Kerzen, eine Art „Instrument“, ein Spiel, eine Geschichte, Becher, Besteck,... mit.

Die Lehrerin stellte eine Verkleidungskiste, Gesichtsschminke, Blutorangenparfümöl, mit dem jede Ankommende bestrichen wurde, eine kleine Aufmerksamkeit für jedes Mädchen und eine größere Gabe für die Blutende zur Verfügung. Die erste, die kommt, kann alle anderen mit Duftölen hinterm Ohr begrüßen. Die Mädchen können sich schminken und verkleiden.

Angebote und Vorschläge machen: Kurz über den Ablauf zu sprechen und Angebote zu machen scheint wichtig, z.B. „Wir können uns etwas vorlesen“, oder „Wir können trommeln“, schien die Phantasie der Mädchen zu beflügeln, und sie machten viele Vorschläge.top > nach oben

Rituale:

tampon im kirschsaft(vgl. dazu die oben zitierte Literatur): Wenn alle bereit sind, können Sie mit einem Kreis feierlich beginnen. Bei Ritualen ist die „Einbindung aller Sinne“ wichtig. Hofer Kirschzuckerl lutschen und sofort eines nachnehmen, oder rote Gummibärli (obwohl Vegetarierinnen diese wegen der Herstellung aus Tierknochenmark für bedenklich hielten), eignen sich zur Einstimmung.

Wir hatten Blutorangenöl hinter den Ohren (riechen), uns rot angezogen und geschminkt (sehen/fühlen), Rotes gegessen (schmecken), zum Rot-Hören kann man Bauchtöne produzieren, ein Lied erfinden, Töne nachmachen, die die Blutende gehört hat, etc. Wir haben getrommelt, zu Discomusik getanzt - was auch immer die Sinne anspricht.

Um die vier Elemente einzubinden, können Sie einander erzählen, was Sie loswerden wollen, und dann symbolisch etwas in Kerzenfeuer bzw. in einem Feuer im Freien (Feuer). Verbrennen. Tampons in Blutorangensaft zu tauchen und ihn über Binden zu schütten bindet das Element Wasser ein. Die ausschwemmende, reinigende Qualität des Wassers kann man auf vielerlei Art symbolisieren: Ein gemeinsames Bad in einem Bach, mit den nackten Füßen im Schnee, Untertauchen in einem Gewässer. Die Räume mit verschiedenstem Räucherwerk, orientalischen Düften bzw. Salbei zu räuchern bindet das Element Luft ein.

Wünsche für die Blutende und sich selbst können Sie mit Spritzkerzen oder Weihrauchkörnchen in einem Räucherkessel verstärken. Für das Element Erde kann man etwas pflanzen oder eingraben. Sie können Tarotkarten legen und sie eigenwillig interpretieren.

Gaben:

Nach dem Wünschen kann jede denen, die sie gerne hat bzw. die Lehrerin allen und der Hauptperson eine kleine Aufmerksamkeit schenken. Dass jede von der Lehrerin etwas bekam und die Hauptperson von jeder etwas bekam und dass die anderen kleinen Gaben einfach Geschenke für Freundinnen waren, war verbindend. Alle liebten diesen Teil des Rituals.

Nach dem Ritual:

Die Mädchen lösten sich in Grüppchen auf, einige deckten den Tisch, einige grillten, einige kochten mit der Lehrerin, andere begannen zu spielen, in der Hängematte zu reden, Geister zu beschwören. Bei einem Fest spielten alle Mädchen in einem Stegreiftheaterstück. Das Stück, das sich aus dem Zusammensein ergab, handelte von Hexen. Einige haben „Tischerl gerückt“ und mit Geistern gesprochen, während die anderen in der Glühwürmchen-Sommernacht über Kussgeschichten vor Lachen geschrien haben. Die Nächte zusammen zu verbringen liebten die Mädchen. Eines der Mädchen hatte noch nie zuvor je woanders übernachtet außer beim ersten Fest.

Im Winter blieben einige Mädchen bis in die frühen Morgenstunden wach und sprachen miteinander im Pyjama und mit Sollettisäcken zwischen einander.

Essen:

Das gemeinsame Essen holt alle zum zweiten Mal zusammen. Sie können gemeinsam aus dem Mitgebrachten ein Phantasiemenü kochen. Gleich für Pizza einzukaufen hat sich bewährt und gemeinsam am Boden oder an einem schön gedecktem Tisch zu essen, hat allen gut gefallen. Eine mit Lebensmittelfarbe gefärbte Biskuitrolle in Rot blieb übrig, weil sie so ekelig aussah.

Kollektivkunstwerk:

kollektivkunstwerkNach jedem Fest können Sie zusammen mit geringem Zeitaufwand und nach dem Aufräumen und Putzen etwas Bleibendes schaffen. Bewährt haben sich abstrakte Kollektivkunstwerke auf Seide bzw. Papier gemalt. Das Bild hing bis zum nächsten Fest in der Klasse. Beim folgenden Fest wurde das Bild zerrissen, die Hauptperson erhielt ein Stück davon - gerahmt in Gold - und ein kleines Stück blieb in der Klasse neben dem neuen Bild hängen. Der Phantasie sind keine Grenzen gesteckt.top > nach oben

Bibliographie

  • Benard, Cheryl und Edith Schlaffer. Let’s Kill Barbie - Wie aus Mädchen tolle Frauen werden. Heyne, 1997.
  • Devime, Ruth und Rollet Ilse (Hrsginnen). Mädchen bevorzugt. - Feministische Beiträge zur Mädchenbildung und Mädchenpolitik. Verband Wiener Volksbildung, 1994.
  • Dinkelmann, Anna. Kreisen - Frauenrituale und Feste, Selbstverlag, Holthausen 1983. (zu beziehen über die Buchhandlung Frauenzimmer, Wien).
  • Dreitman, Tricia. Say what you mean and get what you want. - The ultimate self-assertion book for girls, London 1996.
  • Dussa, Ulla und Eberhard Welz (HrsgIn). Mädchen sind besser - Jungen auch: Konfliktbewältigung für Mädchen und Jungen. Teil 2: Spiele und Übungen. Paetec - Schulbuchverlag, Berlin, 1998
  • Ensler, Eve, Vagina Monologues. Francia, Luisa. Drachenzeit - Die verborgene Kraft der Menstruation, Frauenoffensive, München 1990. ‘Girls - the Facts.’ In: New Internationalist, 240/2/1993, 18.
  • Lützau, von, Mechthild. ‘Bericht über eine Reise in ein fernes Land’. In: Maria Anna Kreienbaum u.a. (Hrsginnen.), Was ist eine gute Schule, Weinkein, 1993, 61-82.
  • Minker, Margaret. Der Mondring - Feste und Geschenke zur ersten Menstruation. dtv, München
  • Rollet, Ilse. Aufgaben, Möglichkeiten und Grenzen feministischer Mädchenbildung. Virginia Woolf, Verein zur fem. Bewusstseins- und fem. Mädchenbildung, Währingerstr. 59/6, A-1090 Wien.
  • Sadker, Myra und David. Failing at Fairness. - How our Schools Cheat Girls.Touchstone,1994.
  • Schiran, Ute Manan. Menschenfrauen fliegen wieder - Die Jahreskreisfeste als weiblicher Initiationsweg. Knaur, 1988, ISBN 3-426-04171-5.
  • Spender, Dale. Sarah, Elizabeth (Hrsginnen.). Learning to Lose. Sexism and Education. The Women’s Press Limited, 1980/1992.
  • Spender, Dale. Frauen kommen nicht vor. - Sexismus im Bildungswesen. Fischer TB1985.
  • Spender, Dale. Invisible Women; the Schooling Scandal. London: Writer's and Readers, 1982 Spender, Dale. Man Made Language. Pandora 1980.
  • Steinem, Gloria. Revolution from Within - A Book of Self-Esteem, London 1992, 350-356.
  • Thompson, Ruth. Have you started yet? - Getting the facts straight. London, 1995. Wolf, Naomi. The Beauty Myth. London: Vintage, 1990.

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